Individuelle Mobilität, was alles möglich ist…
Der datenoptimierte Individualverkehr macht es möglich. Das Auto fährt damit ferngesteuert und vollautomatisch. Parallel kann der Fahrgast sich auf einem Tablet über die aktuellsten Meldungen informieren oder über ein Onlineportal Einkäufe oder Platzbuchungen in einem Kino vornehmen. Zwischendurch hält das mobile Fahrzeug zum Stromtanken an Aufladestationen an, wo die Wartezeit kurz und der Strompreis günstig ist. Der Fahrpreis wird je nach Ausnutzungsgrad des Fahrzeuges unmittelbar berechnet und abgebucht.
Undenkbar? Wer weiß. So könnte in komfortabler Weise die mobile Zukunft aussehen. Welche Auswirkungen diese Entwicklung für die Automobilbranche haben wird, ist aktuell noch nicht absehbar. Nur man verinnerlicht bereits, dass Staus, Parkplatzmangel und Feinstaub sowohl effektivere als auch nachhaltigere Mobilitätskonzepte notwendig machen. Technisch wird alles machbar sein. Das sehen wir bereits an den Bausteinen, die in intelligenten Fahrzeugen vorhanden sind: Automatische Parkassistenten oder Sicherheitsunterstützungen, um Unfälle zu vermeiden, sind bereits jetzt zu bestellende Standards bei jedem Autokauf. Das führerlose Autofahren wird alles revolutionieren. Führerscheinpflicht und Fahrtraining können entfallen, die Fahrzeuge brauchen keinen Parkplatz und man kann sie nach Hause schicken oder zu den Depots, damit die Antriebsspeicher technologieunabhängig wieder aufgeladen oder betankt werden können. Darüber hinaus darf der gesellschaftliche Nutzen nicht unterschätzt werden. Die Verkehrs- und Umweltfreundlichkeit, öffentliche Straßen und Plätze können besser ausgeschöpft, die Emissionen spürbar verringert werden.
Leihen statt Besitzen
Wir bleiben aber bei der Gegenwart und schauen erst einmal, wie man sich mit anderen Menschen Autos und Fahrräder teilen kann. Warum sollte ich noch ein eigenes Fahrzeug besitzen, wenn ich auch die umfangreichen Angebote des Car- und Bikesharing, die es in Großstädten und urbanen Räumen gibt, nutzen kann?
Carsharing ist das Ergebnis einer digital vernetzten Mobilität zwischen Autos und Menschen. Sie gibt es in der aktuellen Betrachtung in zwei Erscheinungsformen (Abbildung 1): Die stationsbasierten Angebote unterscheiden sich nicht wesentlich von den klassischen Autovermietungen. Nur ihre Buchungen der Fahrzeuge erfolgen online und unmittelbarer, weil man bereits registriert ist. Die Nutzungsdauer ist außerdem deutlich geringer als bei den Mietwagen. Wenn heute in den Medien von Carsharing gesprochen wird, sind damit eher die stationsunabhängigen Angebote gemeint, das sog. Free-Floating. Man sucht sich per App ein Fahrzeug in der Nähe und nach der Nutzung – das kann auch nur minutenweise erfolgen – stellt man das Fahrzeug einfach im Geschäftsgebiet wieder ab.
Abbildung 1: Das Carsharing manifestiert sich in zwei Erscheinungsformen.
Abbildung 1: Das Carsharing manifestiert sich in zwei Erscheinungsformen. |
„Alle Vorteile eines Autos, ohne eins zu besitzen – Parken, Tanken & Versicherung inklusive.“ Mit diesen Worten wirbt car2go, ein führender Anbieter der Branche. Nach der Registrierung kann man in vielen europäischen Metropolen fahren, mobil sein, nicht nur zu Hause. Hinzu kommt, dass nach einer Untersuchung1 ein Leihauto bis zu 20 private Pkw ersetzen kann. Besonders spannend ist in diesem Zusammenhang auch das Private Carsharing, sozusagen das „Airbnb für die Straße“. Darunter finden sich Portale, wo bereits bis zu 50.000 Privatfahrzeuge von ihren Besitzern zum Vermieten angeboten werden. Hier unterstellt man, dass Fahrzeuge durchschnittlich täglich nur eine Stunde genutzt werden und folglich im Umkehrschluss über 20 Stunden zum Teilen mit Mitmenschen verfügbar sind.
Mal abgesehen vom eigenen Auto konkurrieren Carsharing-Dienste aktuell mit weiteren Mobilitätsangeboten oder ergänzen sie, in erster Linie mit dem öffentlichen Fern- und Nahverkehr, mit dem Taxigewerbe, mit Mitfahrgelegenheiten und dem Uber Online-Dienst, wo Privatpersonen mit ihren Autos quasi Taxidienste preiswert anbieten.
Abgefahren!
Parallel zum Carsharing hat sich nun ebenfalls das Bikesharing etabliert, ein Netz von Selbstbedienungsstationen zur Fahrradvermietung, ebenfalls über Apps. Wenn der Nutzer ein Fahrrad braucht, meldet und identifiziert er sich im Kundencenter. Dort belegt er im Touchscreen ein Fahrrad in der Nähe und bekommt auf dem Display seines Smartphones die Stellplatznummer einschließlich Straße mit Hausnummer angezeigt, von wo er das Fahrrad in Gebrauch nehmen kann. Während er zum Stellplatz geht, öffnet sich eine elektromechanische Schließvorrichtung. Eine andere Variante nutzt einen Schlüsselcode, mit dem das Schloss entriegelt werden kann. Bikesharing ist ein optimales Mittel gegen verstopfte Straßen und schlechte Luft und ergänzt dort wirkungsvoll den öffentlichen Nahverkehr, wo dessen Busse und Bahnen nicht hinfahren. Deshalb findet man an vielen Haltestellen auch die Stell- plätze der Fahrräder, um weiterzufahren. In eingeschränkter Form existieren auch Scooter-Angebote, also Angebote von Motorrollern inkl. Helm.
Alle Anbieter nutzen Apps, wo in einem urbanen Raum die Fahrzeuge und Fahrräder metergenau auf einer Straßenkarte verzeichnet sind. Mit der Registrierung hat der Kunde Zugriff auf die Angebote, nachdem er sich mit seinen persönlichen Angaben, einem Kundenkonto mit Bankdaten und dem Wunschtarif angemeldet hat. Alle Schritte einschließlich Beginn und Abschluss einer Nutzung erfolgt selbsterklärend online über ein Portal. Auf diese Weise wird die Verfügbarkeit der Angebote über ein Stadtgebiet stets gewährleistet.
Nun, anders als beim Carsharing gibt es beim Bikesharing auch vollkommen unerwünschte Entwicklungen. Das liegt unter anderem am Massengeschäft, weil nationale Anbieter bis zu 20.000 Fahrräder in deutschen Großstädten anbieten, die auch gewartet werden müssen. Kürzlich schrieb der Spiegel in seinem Beitrag „Voll gerädert“2 über die übertriebenen Auswirkungen von Bikesharing: Horden von Fahrrädern verstopfen Biergärten, Parks, Straßen, Bürgersteige, U-Bahnstationen und Schulen. Teilweise lässt sich der Leihfahrrad-Wildwuchs durch die Großstädte nicht in den Griff bekommen.
Eingebettet ist alles in multimodale Mobilitätskonzepte, dass auch die Erreichbarkeit eines Zieles u. a. zu Fuß vorsieht. Mit der Nutzung des Fahrrades wirbt man dann mit „Walkability“ für eine aus ganzheitlicher Sicht bewegungsanimierende Umwelt. Der Anspruch bleibt immer derselbe: Verkehrsraum, Parkplätze, CO2-Emissionen werden deutlich reduziert.
Abbildung 2: Nextbike, ein führender Anbieter für Bikesharing, präsentiert auf seiner interaktiven Karte die Standorte und Anzahl seiner Leihräder.
All-in-One Lösungen für die Mobilität
Mobility as a Service (MaaS) umfasst in diesem Zusammenhang sämtliche Entwicklungen und Lösungsangebote. Softwareanbieter schaffen integrierte Apps für die Mobilitätsplattformen und ermöglichen damit erst die Transparenz der vernetzten Angebote in einer Großstadt. Zukünftig wird man von einem Verkehrsökosystem sprechen, das alle Daten existierender MaaS-Angebote und autonom fahrender Fahrzeuge zusammenfasst. Diese digitale Integration ermöglicht dann den Komfort für den Einzelnutzer und sein Bewegungsprofil.
Die Transparenz und Nutzung der Mobilitätsangebote wird über Mega-Plattformen, die wie Suchmaschinen agieren, gebündelt (Abbildung 3). Damit wird der Zugang zu faktisch allen Mobilitätsdiensten im Nah- und Fernverkehr anbieterübergreifend erleichtert. Big Data macht es möglich. Algorithmen von Plattformen, sozialen Netzen und Suchmaschinen sind die Schnittstellen zum Nutzer. Anbieter wie myscotty, memobility und allryder fassen sämtliche Informationen zusammen, wie man vor Ort von A nach B kommt. So werden alle Formen des Carsharing, Bike- und Scootersharing, der kommunale Nahverkehr mit Bahnen und Bussen sowie Taxis miteinander vernetzt und dem Nutzer bereitgestellt. Die standortbezogene Suche zeigt übersichtlich und in Sekundenschnelle die Angebote der verschiedenen Anbieter auf einer Karte. Nur zum gewünschten Standort gehen, muss der Nutzer aber immer noch selbst.
Abbildung 3: Mega-Plattformen bündeln die Mobilitätsangebote der verschiedensten Anbieter und stellen diese dem Nutzer komfortabel online oder via App zur Verfügung.3
Es ist nicht auszuschließen, dass in Zukunft der Nutzer ein eigenes fahrerloses Fahrzeug besitzt und er sich mit diesem Vehikel in diesem integrierten und digitalisierten Verkehrsbild einbringt. Wann es dazu kommt, ist nicht unbedingt mehr eine strategische oder technische Frage. Vielmehr handelt es sich hierbei um ein aktuelles Beispiel, wie die zukünftige Digitalisierung unser Leben bestimmen wird.
- https://carsharing.de/presse/pressemitteilungen/neue-carsharing-studie-belegt-geteilte-autos- koennen-innenstaedte-deutlich
- Der Spiegel, Ausgabe 45/2017 „Voll gerädert“
- Bundesverband CarSharing e.V., Berlin
Ernst Hubert von Michaelis
Sales Representative
PROMOS consult
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