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12.03.2018
Strategie

Apps am Fließband

Jens Kramer, Gründer und Geschäftsführer der PROMOS consult, forciert die standardisierte Entwicklung von Apps und will den Datenschutz-TÜV. Für IT-Unternehmen gehören Innovationen zum Kerngeschäft, sagt PROMOS-Chef Jens Kramer. Er beobachtet einen Wandel der Branche. Im Fokus: neue Geschäftsmodelle wie die Bereitstellung von Lösungen für die Cloud und für mobile Endgeräte.
Jens Kramer im Interview mit dem DUB UNTERNEHMER-Magazin

DUB UNTERNEHMER-Magazin: Technologischer Wandel und Innovation haben hierzulande eher evolutionären als revolutionären Charakter. Ist Deutschland zu wenig disruptiv?


Jens Kramer: Ich unterschreibe das so nicht. Berlin etwa ist der Schmelztigel einer florierenden Start-up-Szene. Wenn ich etwas bemängeln würde, dann eher das öffentliche Bild, das hier in Deutschland vom Unternehmertum im Allgemeinen herrscht. Wenn jemand eine gute Idee hat, Leute einstellt, mit seinem Privatvermögen haftet, etwas Neues aufbaut und damit Erfolg hat, muss er damit rechnen, kritisch beäugt und um den finanziellen Erfolg beneidet zu werden. Der oft steinige Weg und die Risiken dahinter werden nicht gesehen. Das ist schade. Wir bräuchten noch viel mehr Unternehmergeist.


Stichwort Datenschutz: Wie lassen sich unsere strengen Normen als Vorteil nutzen?


Kramer: Ich glaube, dass sich in Deutschland viele kluge Köpfe mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Was mir als IT-Dienstleister fehlt, ist eine unabhängige Stelle, die prüfen kann, ob meine Produkte und Services den hohen deutschen oder europäischen Datenschutzstandards gerecht werden. Mit einer Art Datenschutz-TÜV wäre Deutschland ein echter Vorreiter. Für die Verbraucher wäre das Siegel ein klares Erkennungszeichen für Seriosität und Glaubwürdigkeit.


Welche Wege und Strategien sind erforderlich, um das Gros der Gesellschaft an den Vorteilen der Digitalisierung partizipieren zu lassen und niemanden auszuschließen?


Kramer: Da fällt mir sofort unser Schulsystem ein. Zugespitzt: mit einem Klassensatz alter Computer und Lehrern, die Digitalisierung doof finden, werden die Kinder nicht auf unsere hochtechnisierte Welt vorbereitet. Computer sind per se kein Spielzeug und Softwareentwickler sind oft kreative und coole Typen. Das zu erleben und in der Schule zu lernen, sollte in Deutschland möglich sein. Übrigens: mehr und mehr begeistern sich Mädchen und Frauen für diesen Beruf. Das finde ich sehr gut!


Inwieweit bringen deutsche Hochschulen in ausreichendem Maß Top-Nachwuchskräfte hervor, die eine Transformation von Unternehmen vorantreiben oder über Start-ups digitale Impulse setzen können?


Kramer: Ich bin nicht der Meinung, dass nur Start-ups digitale Impulse setzen. Auch etablierte Unternehmen haben hohe Budgets für Innovationen. Aber auch hier sage ich zum Thema Nachwuchskräfte: Die Hochschulen sehe ich nicht als Problem. Wer es bis dahin geschafft hat, kommt meist top ausgebildet aus der Uni. Es gibt zum Beispiel großartige, an Universitäten angeschlossene Gründerzentren. Wir bekommen sehr gute Leute als Werkstudenten oder Berufseinsteiger, mit großem Innovationsgeist und Kreativität. Über das derzeitige Schulsystem in Deutschland sollte man nachdenken! Die rückwärtsgewandte Bildungsstruktur steht im krassen Gegensatz zum Weg in die Digitalisierung.


Welche digitale Innovation wird Ihr Unternehmen am stärksten verändern?


Kramer: Für uns als IT-Unternehmen ist die Innovation ja das Kerngeschäft. Auch wir sehen einen tiefgreifenden Wandel in unserem Kerngeschäft: Also weg von den klassischen Geschäftsfeldern wie Verkauf von Personentagen in der Beratung, Verkauf von Lizenzen hin zu neuen Geschäftsmodellen wie die Bereitstellung von Cloud-Lösungen und Lösungen für mobile Endgeräte.


Wie begegnen Sie zweifelnden Mitarbeitern, um diese für die Digitalisierung zu motivieren?


Kramer: Das geht am besten mit Erfolg. Innovation passiert oft zunächst im Verborgenen. Kreative Köpfe leiden dann unter der Prüfungskommission, wenn sie ihre Idee nach außen tragen. Man muss deshalb zusammenarbeiten können, dabei die Stärke der unterschiedlichen Charaktere erkennen und nutzen. Gemeinsam verkauft man so die Innovation.

Welches Digitalprojekt schieben Sie persönlich an?


Kramer: PROMOS ist in der Wohnungswirtschaft allgemein als erfolgreicher Komplettanbieter für SAP®-basierte ERP-Systeme bekannt. Weniger bekannt ist, dass wir unsere Innovationen bei den Themen Apps und Digitalisierung in einer eigenen Produktentwicklung bündeln. Easysquare etwa ist eine cloudbasierte Lösung für professionelles Immobilienmanagement mit konsequent App-basierter Nutzeroberfläche. Mit dieser Plattform können wir immobilienwirtschaftliche Marktplätze aufbauen, betreiben und vernetzen. Mittlerweile sind wir in der Lage, Apps am Fließband herzustellen.


Wie wichtig sind soziale Medien für PROMOS?


Kramer: Viele Unternehmen haben Vorbehalte, sich aus Sorge vor Hasskommentaren und Shitstorms in den sozialen Medien zu positionieren. Wir drehen den Spieß um und zeigen etwa den Wohnungsunternehmen, welche wirtschaftlichen Chancen in den sozialen Medien stecken. Deshalb bauen wir Softwareprodukte, die es unseren Kunden auf einfachste Weise ermöglichen, soziale Netzwerke ohne Sorge für die Geschäftsentwicklung zu nutzen. Nirgendwo sind die Zielgruppen dedizierter zu definieren und zu bespielen als dort.


Welches digitale Start-up hat Sie zuletzt am stärksten beeindruckt und warum?


Kramer: ShareTheMeal. Das ist eine App des UN World Food Programme, die Menschen die Möglichkeit gibt, ihr Essen mit Kindern in Not zu teilen. Es kostet durchschnittlich 40 Cent, um ein hungerndes Kind einen Tag lang zu ernähren. Nutzer spenden 40 Cent oder mehr per Klick in der App und ernähren damit ein hungerndes Kind für einen Tag. Ich finde das eine großartige Idee und klicke da mindestens einmal täglich drauf. Auch außerhalb der Weihnachtszeit und umständlichen Spendenzetteln regt es zum Nachdenken und Gutes tun an. Absolut empfehlenswert und gut fürs Karma! Und es zeigt eben, dass Digitalisierung weit mehr ist als Kommerz und Spaßgesellschaft.


Welchen digitalen Service nutzen Sie persönlich am liebsten und warum?


Kramer: Alles was die Informationsbeschaffung angeht. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal eine Zeitung in der Hand hatte, in der Bahn oder im Flugzeug vermutlich.


Gibt es Momente im Berufs- und im Privatleben, in denen Sie sich die Abwesenheit digitaler Geräte und Services wünschen?


Kramer: Es gibt ja mittlerweile nicht umsonst den Begriff des Digital Detox. Es ist heutzutage definitiv ein Luxus, eine Zeit lang auf die modernen Technologien zu verzichten. Ich persönlich werde mir diesen Sommer auf einer Wander-Tour durch die Natur Nordschwedens gönnen, eine Woche komplett offline zu sein.


Wer ist Ihr Vorbild als Transformer/Digitalisierer?


Kramer: Ein konkretes Vorbild habe ich nicht. Ich lasse mich gerne von neuen Ideen begeistern, höre zu und versuche, eine eigene Meinung zu haben. Ich habe mal einen Uni-Vortrag von Steve Jobs auf Youtube angesehen, das ist der erste Name der mir einfällt – ist aber wohl sehr populär (lacht).

Erstveröffentlichung des Interviews im DUB UNTERNEHMER-Magazin, September 2017.

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