Plattform-Ökonomie: Wie Blockchain Technologie Datensicherheit ermöglicht
Die hier besprochene Blockchain Technologie ist 2008 erstmalig in dem White Paper von Satoshi Nakamoto[1] der Öffentlichkeit zugängig gemacht worden. Das Ziel war, zu zeigen, dass der Zahlungsverkehr grenzenlos, ohne Zeitverzug und ohne intermediäre und staatliche Regulierung digital genauso sicher durchführbar ist, wie mit Transaktionen über Banken und/oder mit Bargeld. Die hinter dieser formulierten Problemstellung liegende Technologie ermöglicht darüber hinaus eine bisher nicht dagewesene Transparenz, denn die Teilnehmer dieses Zahlungsnetzwerkes können die getätigten Transaktionen nachvollziehen.
Nach einer langsamen Startphase bekam die Blockchain Technologie ab 2013 mehr Sichtbarkeit durch die Erweiterung der grundsätzlichen Idee, nicht nur Zahlungstransaktionen, sondern auch „Assets“ (im Sinne von sämtlichen Vermögensgegenständen) über die Blockchain sicher zu übertragen. Dies erfolgt über so genannte Smart Contracts. Das sind sich selbst ausführende und entsprechend programmierte Verträge, die auf Computerprotokollen basieren. Diese Smart Contracts ermöglichen die Digitalisierung von Verträgen und sonstigen Dokumenten, so dass die IT diese digitalen Dokumente nicht nur interpretieren, sondern auch eigenständig ausführen kann, da die vertraglichen Bedingungen und Vereinbarungen als Codezeilen geschrieben werden. Der Verlust von Dokumenten kann ebenso ausgeschlossen werden wie eine fehlerhafte Interpretation (immer unter der Voraussetzung, dass der Smart Contract richtig programmiert ist). In diesem Zusammenhang wird gern vom „Internet of Value“ oder auch „Web 3.0“ gesprochen: werden diese Smart Contracts über eine Blockchain gespeichert, dann ermöglicht dies, im Gegensatz zum „einfachen“ Teilen von Inhalten auf z. B. Social Media, Blogs etc., dass die geteilten Daten nicht manipulierbar, nicht fälschbar und sicher zu speichern sind.
Mit der fortschreitenden Digitalisierung werden in allen Industrien massenhaft Daten erzeugt, die vielfach ungenutzt „herumliegen“. Dass jedoch Daten an sich einen Wert haben, weiß man seit dem immer wieder zitierten Spruch aus dem Jahre 2015, dass „Daten das neue Rohöl sind“. Zwar sind nicht alle erzeugten Daten sensibel, aber im Zuge der Plattformökonomie gewinnt der sichere Austausch an erzeugten Daten immer größere Bedeutung.
Zu beobachten ist, zumindest in Bezug zur Blockchain Technologie, dass nach dem Abklingen des Hypes diese Technologie nur bedingt Beachtung im Tages- und auch Massengeschäft findet. Dies mag daran liegend, dass die bisher auf dem Markt befindlichen Blockchains als Datenbank die herkömmlichen Datenbanken nicht ablösen konnten, was unter anderem an dem geringen Throughput von wenigen Transaktionen pro Sekunde liegt.[2] Das wird sich jedoch zeitnah ändern und dann werden die Unternehmen, die sich rechtzeitig mit dieser Technologie befasst haben, Produkte auf den Markt bringen, die ganze Märkte verändern können. Dieser Zeitpunkt wird gern als der „iPhone-Moment“ bezeichnet, denn auch wenn bei seiner Einführung das iPhone noch kein Massenprodukt war, so folgte ein rasanter Wandel in der Telekommunikationsbranche und verdrängte u. a. das Tastentelefon zugunsten des Touchscreens.
Was heißt das für die Immobilienwirtschaft?
Der „iPhone-Moment“ steht vielleicht noch aus, doch die Digitalisierung macht nicht vor der Immobilienwirtschaft halt. Vielmehr verändert die Digitalisierung Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Digitalisierung bedeutet die umfassende Durchdringung, Vernetzung und Veränderung nahezu aller Lebens- und Wirtschaftsbereiche durch Informations- und Kommunikationstechnologien. Sie steht für die Fähigkeit, Informationen zu sammeln, zu analysieren und in Aktionen umzuwandeln: Kommunikation, Transaktion, Interaktion. Im Gegensatz zur Vergangenheit finden die Verarbeitungsschritte immer häufiger gleichzeitig statt – in Echtzeit. Das ermöglicht enorme Produktivitätsgewinne, erhöht aber auch die Veränderungsgeschwindigkeit – in allen Bereichen und auf allen Ebenen.
Neue Daten, Vernetzung, der Einsatz künstlicher Intelligenz und die digitale Kundenschnittstelle verändern bestehende Wertschöpfungsketten. Die Wertschöpfung findet nicht mehr sequentiell und zeitverzögert statt, sondern in einer realen Welt, in der ständig kommunizierende und wenig reagierende Einheiten, die sich weitgehend selbst organisieren, ständig kommunizieren und reagieren. Diese neue Welt wird über Plattformen gemanagt, um Dienstleistungen und Netzwerkeffekte dem Nutzer zugänglich zu machen. Entsprechend der Komplexität der Technologien kann kein einziges Unternehmen alle Systemelemente beherrschen. Über eine offene API (Anwendungsprogrammierschnittstelle) können Services und Produkte anderer Firmen eingebettet werden und ermöglichen die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Technologiesystemen und Plattformen. (Unternehmen wie Amazon, Google, Uber, Alibaba etc. verstehen schon heute die Macht der digitalen Technologien. Aber ihre stärksten Innovationen sind nicht Produkte oder Dienstleistungen, sondern die Zusammenarbeit über die Plattform.)
Auch in der Immobilienwirtschaft wird sich diese „Platform-Economy“ ausbreiten und zu veränderten Prozessabläufen führen. Dabei gilt es, die eigenen Daten anlassbezogen zu teilen und dafür zu sorgen, dass an den eigenen Daten keine Manipulation vorgenommen werden kann. Und dies ist die Stärke der Blockchain Technologie. Sensible Daten können über eine Blockchain gesichert werden. Der Eigentümer der Daten kann entscheiden, wer welchen Teil seiner Datengesamtheit einsehen darf. Hier werden neue Gebührenmodelle entstehen, da Daten an sich einen Wert besitzen. Zusätzlich ermöglicht ein verteiltes Netzwerk, das mit verschlüsselten Daten arbeitet, Schutz vor Hackern, da es keinen „Single Point of Failure“ gibt. Da sämtliche Teilnehmer im entsprechenden Netzwerk über die gleichen Informationen verfügen, können Hacker derzeit nur sehr geringen Schaden (wenn überhaupt) anrichten.
Blockchain als reine Technologie funktioniert sicher und gut und ist als reine Technologie nicht mehr in Frage zu stellen. Die Zusammenarbeit innerhalb einer Industrie und darüber hinaus hat jedoch Verbesserungspotenzial, denn das Arbeiten und Denken in Silos engt ein und beschränkt. Mangelndes Vertrauen ist einer der Hauptgründe, warum Silos bestehen – Transparenz, Verlässlichkeit, Unabhängigkeit (z. B. von Intermediären), Sicherheit und nicht auch zuletzt Effizienzsteigerung lassen sich über Blockchain abbilden und ermöglichen, die Zusammenarbeit der Zukunft über Plattform-Modelle darzustellen. Es bietet sich die einmalige Chance, aus „The-Winner-Takes-It-All“ aus dem „iPhone-Moment“ durch Teilhabe eine „We-All-Become-Winner“-Welt zu erschaffen. Packen wir es an!
- Nakamoto, Satoshi (2008): Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System.
- So können auf der Bitcoin Blockchain zwischen 3 bis 7 Transaktionen pro Sekunde und auf der Ethereum Blockchain können 15 Transaktionen durchgeführt werden. Die Ethereum Foudation hat jedoch im Dezember 2019 verlautbaren lassen, dass in naher Zukunft über die Ethereum Blockchain bis zu 3.000 Transaktionen pro Sekunde durchzuführen sind. Im Sommer 2020 sollte dies möglich sein. Weitere Anbieter arbeiten ebenfalls mit Hochdruck an höheren Transaktionsraten, so dass Blockchain in absehbarer Zeit den Vergleich zu herkömmlichen Daten in Bezug auf die Transaktionsrate nicht scheuen müssen.
Zur Person:
Katarina Adam
ist Professorin an der HTW Berlin mit den Schwerpunkten ABWL, Investition und Finanzierung, Immobilien sowie Blockchain Technology. Darüber hinaus ist sie Founderin von einem Startup, welches Blockchain-basierte Anwendungen für die Immobilienwirtschaft entwickelt. In diesem Zusammenhang arbeitet sie an einer Lösung, Immobilientransaktionen über die Blockchain transparent, schnell und effizient zu gestalten. Als international gefragte Speakerin und Expertin informiert sie in praxisnahen und spannenden Vorträgen zu den unendlichen Möglichkeiten der Blockchain Technologie.
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