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25.10.2021
Strategie

Jens Kramer über Vernetzung, Plattform und Ecosystems – Wo stehen wir heute und wohin führt uns unsere Reise?

Was sind die Antworten auf aktuelle und zukünftige Fragen der Immobilienwirtschaft? Jens Kramer gibt als CEO von PROMOS consult exklusive Einblicke in innovative Trends, neueste Entwicklungen, die Bedürfnisse der Immobilienbranche und seine persönliche Vision der Zukunft.
PROMOS CEO Jens Kramer im Interview zur Digitalisierung in der Immobilien- und Wohnungswirtschaft

IT&I: Jens Kramer, was ist die entscheidende Motivation für Ihre Kunden, Digitalisierungsprojekte anzugehen?


Jens Kramer: Das zentrale Thema für viele Unternehmen ist die Optimierung ihrer Prozesse. Im Rahmen der Realisierung von Digitalisierungsprojekten muss immer der Mehrwert für den Kunden im Vordergrund stehen – Kosten- und Zeitersparnis, eine Qualitätssteigerung oder beispielsweise die Gewinnung von Transparenz. Bei den Lösungen zur Verbesserung der Kommunikation mit Mietern und Kunden verzeichnen wir eine deutlich erhöhte Nachfrage. Die Unternehmen investieren aktuell stark in ihre digitale Kommunikation und in Kunden-Apps. Dabei konnten wir im letzten Jahr den Funktionsumfang unserer Lösungen erweitern.


IT&I: Das interessiert bestimmt einige unserer Leser. Können Sie ein paar Beispiele nennen?


Kramer: Nehmen wir beispielsweise die Nachbarschaftsfunktion mit ihrem Marktplatz, die wie eine Art eBay Kleinanzeigen funktioniert. Diese Lösung hatten wir schon lang bei uns in der Schublade, aber jetzt treffen wir hier auch auf die entsprechende Nachfrage. Wir haben im Bereich der Mieterkommunikation heute Lösungen bei unseren Kunden im Einsatz, die wirklich schlank sind und zu einer deutlichen Arbeitsersparnis und Kostensenkung führen. Da ist im vergangenen Jahr eine große Vielfalt entstanden, wie z. B. die Übersetzungsfunktion, ein Verbrauchermarktplatz mit Vorteilsangeboten für Mieter und Eigentümer, Nebenkostenauswertungen, die der neuen Energieeffizienz-Richtlinie entsprechen, und vieles mehr.


IT&I: Die Novellierung der EED-Richtlinie – ein gutes Stichwort! Wie stellt sich Ihr Unternehmen auf die neuen Anforderungen für die Immobilienwirtschaft, die sich daraus ergaben, ein?


Kramer: Das Nebenkostenmanagement war für uns schon immer ein zentrales Thema. Getrieben von den neuen gesetzlichen Regularien suchen Unternehmen nun wieder vermehrt nach innovativen Lösungen. Hier sind wir dabei, mit unserem neuen Ansatz ein Zeichen im Markt zu setzen und eine neue Qualität des Prozesses zu liefern. Der Kunde wird zukünftig frei entscheiden können, was er selbst macht und was er machen lässt, um so die Nebenkostenabrechnung schneller und mit einer wesentlich höheren Qualität durchzuführen.

IT&I: Das klingt spannend und bietet sicherlich viel Potenzial für die Zukunft. Gibt es darüber hinaus Entwicklungen, auf die Sie besonders stolz sind?


Kramer: Im Bereich unseres klassischen SAP® Beratungsgeschäfts freuen wir uns darüber, dass von Seiten der SAP im Produkt sehr viel passiert ist – neue Bedienoberflächen, überarbeitete Workflow- und Benutzeroberflächen. Hier waren wir nun in der Lage, unsere Fachanwendungen, die wir beim Kunden implementieren, auf dieses hohe Niveau zu heben, das SAP mittlerweile unterstützt. Und ganz nebenbei ist PROMOS internationaler geworden und führt SAP® Projekte in ganz Europa durch.


IT&I: Was ist das aktuelle Ziel der Entwickler von ERP-Systemen?


Kramer: Für die Immobilienwirtschaft gilt hier, dass das Angebot immer runder wird. Immer mehr Lücken, in denen vorher noch analoge oder Papierprozesse die Vorherrschaft hatten, werden geschlossen, indem man sie entsprechend vernetzt und integriert umsetzt.


IT&I: Was bedeutet vernetztes Arbeiten denn konkret für Sie?


Kramer: Im Mittelpunkt der Bemühungen rund um vernetztes Arbeiten steht die Aufgabe, bisher analoge, papiergebundene Prozesse zu digitalisieren. Arbeitsteilige Prozesse, bei denen beispielsweise Telefonate geführt, Briefe versendet oder Akten von Hand zu Hand gereicht werden, sollen in einer digitalen Lösung gebündelt werden. Die Anwendung muss dabei leicht zu bedienen sein und die Möglichkeit bieten, Arbeitsschritte von überall aus durchzuführen. Ziel ist es dabei, dass sich aus der Digitalisierung verschiedener Arbeitsschritte eine ganz neue Vernetzung der Abläufe ergibt. So bietet unsere easysquare App beispielsweise die Möglichkeit, dass der Mitarbeiter vor Ort bei einer Leerwohnungssanierung in der App selbst entscheiden kann, welche Fußbodenart auf Basis von hinterlegten Preiskatalogen und bezogen auf den zukünftigen Neuvermietungspreis wirtschaftlich und somit auszuwählen ist. Ein Umweg über mehrere Abteilungen mit handausgefüllten Papierprotokollen und mieteinheitsbezogenen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen entfällt im Rahmen des Entscheidungsprozesses vollständig. Das ist für uns der Optimalfall vernetzten Arbeitens.


IT&I: Gilt das auch für die Interaktion mit dem Mieter?


Kramer: Ja, natürlich. Ein Beispiel ist der Vermietungsprozess. Bei zum Teil mehr als tausend Bewerbungen auf eine angebotene Wohnung entstehen unvorstellbare Datenmengen. Kaum denkbar, diese alle händisch aus einzelnen Bewerbungsmappen zu übertragen und manuell Besichtigungstermine zu vereinbaren. Macht man das jetzt vernetzt in einer Lösung von easysquare, erledigt der Interessent diese Arbeiten selbst. Die Unterlagen werden elektronisch im Interessentenprofil hinterlegt und auch die Terminvereinbarung erfolgt digital – alles gebündelt in einer Lösung.

Informationstechnologie und Immobilien (IT&I) Ausgabe Nr. 37 / Mai 2024

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IT&I: Ein schönes Beispiel – eine Lösung für alle Bedürfnisse. Wie stehen Sie zu der Aussage, dass alle jetzt zu Plattformen werden?


Kramer: Ich denke nicht, dass der Mehrwert des Plattformgedankens einfach nur darin besteht, alles per Schnittstelle anbieten zu können. Ein Großteil des wohnungswirtschaftlichen Markts wird durch kleinere und mittlere Unternehmen bestimmt. Diese wollen oft gar nicht fünf verschiedene Apps für ihre verschiedenen Anwendungsbereiche, die per Schnittstelle verbunden sind, dann aber alle irgendwie anders funktionieren. Viele wünschen sich, mit einem einzelnen Anbieter zu sprechen, der diese fünf Apps aus einer Hand anbietet. Der Vorteil besteht darin, dass auf diese Weise fachliche Synergien in den Apps vorhanden sind. Eine Terminvereinbarungsfunktion muss beispielsweise so universell sein, dass sie für die Vereinbarung eines Reparaturtermins in der Handwerker-App ebenso einsetzbar ist wie für die eines Besichtigungstermins in der Interessenten-App. Das sind in meinen Augen fachliche Synergien einer Plattform mit einem echten Mehrwert für den Kunden. Es geht nicht um das reine Ineinanderstecken verschiedener Anwendungen, sondern um eine möglichst hohe fachliche Integration der Prozesse.


IT&I: Das heißt, Sie bieten dem Kunden die Möglichkeit, alles aus einer Hand zu bekommen. Greifen Sie selbst dabei auf die Unterstützung von Drittanbietern zurück?


Kramer: Ja, wir verwenden dafür den Begriff des easysquare Ecosystems. Wir verstehen darunter die Notwendigkeit, weitere Softwarelösungen in das Umfeld unserer Produkte zu integrieren. So nutzen wir beispielsweise eine Übersetzungsfunktion des etablierten Anbieters DeepL, um bestimmte Serviceprozesse, wie die Anmeldung eines Untermieters in der easysquare Mieter-App, in verschiedenen Sprachen anbieten und auch eine Rückübersetzung der Usereingaben sicherstellen zu können. Im Fokus steht für uns der Gesamtnutzen der Plattform für den Kunden und dieser erwartet ganz einfach, dass eine Reihe von Themen abgebildet wird. Natürlich könnten wir für solche Anwendungsbereiche auch eigene Lösungen programmieren. Unserer Meinung nach ist es jedoch plausibler, hier auf die am Markt üblichen Lösungen etablierter Anbieter zu setzen und uns selbst auf unsere Kernkompetenzen zu konzentrieren.


IT&I: Eine letzte Frage. In Hinblick auf die digitalen Fortschritte, die sich aus dem Druck der Corona Pandemie heraus ergaben, könnte man meinen, dass wir im Arbeitsumfeld kaum noch auf die analoge Welt mit Büroanwesenheiten, Zettel und Stift angewiesen sind. Was denken Sie: Geht nun wirklich alles schon remote?


Kramer: Natürlich wäre es zu früh zu sagen, dass alles schon remote geht. Es ist ja auch nicht so, als wünsche sich die Welt keinen persönlichen Kontakt mehr. Technisch gesehen würde natürlich schon sehr viel mehr remote gehen, als es heute in vielen Unternehmen der Fall ist. Allerdings ist es auch vollkommen in Ordnung, dass man hier einen Schritt nach dem anderen nimmt. Wir freuen uns, wenn unsere Kunden darüber nachdenken, bestimmte Prozesse zu digitalisieren und wir sie mit unserem Produktportfolio bei der Umsetzung unterstützen können.


IT&I: Herzlichen Dank für das Interview, Herr Kramer.


Kramer: Sehr gern.

redaktion@openpromos.de

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